Irland, die grüne Insel, ist nicht nur für ihre Mythen, Landschaften und freundlichen Kobolde bekannt, sondern auch als attraktiver Standort für international tätige Unternehmen. Für Anleger bedeutet dies oft die Möglichkeit, in wachstumsstarke irische Aktien zu investieren.
Doch wie bei vielen ausländischen Investments spielt die Quellensteuer (Withholding Tax, WHT) eine entscheidende Rolle für die Nettorendite.
Die reguläre Quellensteuer auf Dividenden beträgt in Irland 25% auf Aktien und 20% auf Zinsen.
Die gute Nachricht: Insbesondere für Anleger aus Deutschland und anderen EU-Ländern gibt es Wege, die irische Quellensteuer auf Dividenden legal auf null zu reduzieren 🍀!🍀.
1. Die Grundlagen: Reguläre Quellensteuersätze in Irland 🇮🇪
Irland erhebt grundsätzlich eine Quellensteuer auf Kapitalerträge, die an ausländische Anleger fließen. Die Sätze sind:
- Dividenden: Der Standard-Quellensteuersatz auf Dividenden (Dividend Withholding Tax, DWT) beträgt 25%.
- Zinsen: Auf Zinsen wird eine Quellensteuer von 20% erhoben (Deposit Interest Retention Tax, DIRT, obwohl dieser Name primär für Inländer relevant ist; für Ausländer greifen oft andere Mechanismen oder DBA-Regelungen).
Diese Sätze sind der Ausgangspunkt. Ohne aktives Handeln des Anlegers oder seiner Depotbank werden diese Beträge direkt von der Ausschüttung einbehalten und an die irischen Steuerbehörden (Revenue Commissioners) abgeführt.
2. Der Königsweg: Die Vorabbefreiung (Pre-Clearance)
Das Kernstück der Attraktivität irischer Dividenden für EU-Bürger liegt in der Möglichkeit der Vorabbefreiung. Aufgrund der EU-Mitgliedschaft Irlands und der entsprechenden Doppelbesteuerungsabkommen (DBA), wie dem zwischen Deutschland und Irland, können Anleger mit Wohnsitz in einem EU-Land (oder einem Land mit entsprechendem DBA) eine vollständige Befreiung von der DWT beantragen.
Wie funktioniert das?
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- Die 183-Tage-Regel: Sie verbringen 183 Tage oder mehr im laufenden Steuerjahr physisch in Irland.
- Die 280-Tage-Regel (über zwei Jahre): Sie verbringen insgesamt 280 Tage oder mehr in Irland, wenn man das laufende Steuerjahr und das vorhergehende Steuerjahr zusammenzählt. Wichtig hierbei ist, dass Sie in jedem dieser beiden Jahre mindestens 30 Tage anwesend gewesen sein müssen. Wenn Sie diese 280 Tage erreichen, gelten Sie im zweiten Jahr als steuerlich ansässig.Grundlage: Das DBA Deutschland-Irland (Artikel 10) sieht für Dividenden in der Regel einen reduzierten Satz vor, aber die irische Gesetzgebung (Taxes Consolidation Act 1997, Part 6, Chapter 8A) geht für bestimmte Personengruppen weiter und erlaubt unter Voraussetzungen eine 0%-Besteuerung. Dies gilt für Personen, die in einem EU-Mitgliedstaat oder einem DBA-Partnerland ansässig sind, d.h. kein irländischer Resident, kurz: in Irland steuerlich Ansässiger.
Nach irischem Steuerrecht gelten Sie in der Regel als steuerlich ansässig (tax resident) für ein bestimmtes Steuerjahr (das in Irland dem Kalenderjahr entspricht), wenn eine der folgenden Bedingungen erfüllt ist:
- Nachweis: Der Anleger muss vor dem Dividendenstichtag (Record Date) nachweisen, dass er nicht in Irland ansässig, aber in einem anspruchsberechtigten Land (wie Deutschland) steuerlich ansässig ist.
- Formulare:
Das zentrale Formular ist das „Non-Resident Form V2“. Es gibt verschiedene Varianten:
- V2A: Für Einzelpersonen.
- V2B: Für Unternehmen.
- V2C: Für Pensionseinrichtungen/Trusts.
Als deutscher Privatanleger ist Form V2A relevant. Die entsprechenden Formulare können direkt von der Webseite der Revenue Commissioners heruntergeladen werden.
- Prozess:
- Das Formular V2A muss ausgefüllt werden.
- Entscheidend ist die Ansässigkeitsbescheinigung. Diese muss vom zuständigen deutschen Finanzamtausgestellt werden. Man reicht das ausgefüllte V2A-Formular (oder einen entsprechenden deutschen Vordruck zur Ansässigkeitsbescheinigung) beim Finanzamt ein, welches dann die steuerliche Ansässigkeit in Deutschland bestätigt.
- Dieses bestätigte Formular muss nicht zwingend an die irischen Behörden gesendet werden, sondern an die irische Zahlstelle (Paying Agent) oder das ausschüttende Unternehmen bzw. dessen Aktienregisterführer (Share Registrar). Genau hier liegt oft das Problem.
3. Die Hürde: Die Rolle der Depotbanken
Der ursprüngliche Artikel weist korrekt darauf hin: Viele Depotbanken bieten den Service der Vorabbefreiung nicht an. Warum?
- Komplexität: Der Prozess erfordert eine proaktive Kommunikation mit den irischen Zahlstellen für jede einzelne Aktie und oft für jeden Anleger. Dies ist ein erheblicher administrativer Aufwand.
- Kosten: Die Implementierung und Pflege solcher Prozesse verursacht Kosten, die viele Banken scheuen, insbesondere im Massengeschäft (Retail Banking).
- Haftung: Fehler im Prozess könnten zu Haftungsfragen führen.
Die Folge: Obwohl der Anleger rechtlich Anspruch auf 0% hätte, behält die irische Zahlstelle – mangels rechtzeitig vorliegender Dokumente – die vollen 25% ein. Die Depotbank schreibt dann nur 75% der Bruttodividende gut und führt oft noch die deutsche Kapitalertragsteuer auf diesen reduzierten Betrag ab (nach Anrechnung eines Teils der irischen Steuer, was aber kompliziert wird, wenn 25% statt der DBA-üblichen 15% einbehalten wurden).
4. Die Lösung: Gezielte Bankenwahl oder Rückerstattung
Anleger haben zwei Hauptoptionen, um die zu viel gezahlte Steuer zu vermeiden oder zurückzuholen:
Variante 1: Die Wahl der richtigen Depotbank (Der einfache Weg)
Einige wenige Banken haben Prozesse etabliert, um die Vorabbefreiung für ihre Kunden zu ermöglichen oder zumindest den Rückerstattungsprozess massiv zu vereinfachen. Die Targobank wurde genannt; andere (oft teurere) Privatbanken oder spezialisierte Broker könnten ähnliche Dienste anbieten. Es lohnt sich, dies vor dem Kauf irischer Aktien explizit bei der Bank anzufragen:
- „Bieten Sie eine Vorabbefreiung für die irische Quellensteuer (DWT) an?“
- „Welche Formulare / Vollmachten benötigen Sie dafür?“
- „Welche Kosten fallen an?“
Eine Depotbank, die diesen Service anbietet, erspart dem Anleger erheblichen Aufwand und sorgt dafür, dass die Dividende (fast) brutto für netto ankommt (abzüglich der deutschen Steuer, versteht sich).
Variante 2: Die manuelle Rückerstattung (Der aufwändige Weg)
Wenn die Vorabbefreiung nicht geklappt hat, bleibt nur der Weg der Rückerstattung direkt bei den irischen Steuerbehörden.
- Frist: Der Antrag muss innerhalb von vier Jahren nach Ende des Kalenderjahres gestellt werden, in dem die Dividende gezahlt wurde. (Beispiel: Für eine Dividende aus 2023 muss der Antrag bis 31.12.2027 gestellt werden).
- Antrag: Der Antrag ist zweiteilig:
- Erstattungsantrag: Hierfür gibt es kein einheitliches Formular mehr wie früher. Stattdessen basiert der Antrag auf dem Formular V2A, ergänzt um die Nachweise. Es wird empfohlen, ein Anschreiben beizufügen, in dem der Sachverhalt (Rückerstattung der DWT als EU-Bürger) dargelegt wird.
- Ansässigkeitsbescheinigung: Wie bei der Vorabbefreiung wird die Bestätigung des deutschen Finanzamts auf dem Formular V2A benötigt. Wichtig: Diese Bescheinigung darf oft nicht zu alt sein (meist gültig für das Jahr der Ausstellung und die folgenden 3-4 Jahre, aber für die Rückerstattung muss sie sich auf das Jahr des Dividendenbezugs beziehen!).
- Benötigte Belege:
- Dividendenabrechnungen (Dividend Vouchers/Receipts): Für jede einzelne Dividende, für die eine Erstattung beantragt wird. Diese müssen den Bruttobetrag, die einbehaltene DWT und den Nettobetrag ausweisen.
- Tax-Voucher / Credit Advice: Dies ist oft dasselbe wie die Dividendenabrechnung. Einige Banken stellen separate Bestätigungen aus, oft gegen Gebühr (20-50 Euro pro Beleg sind keine Seltenheit!). Man sollte prüfen, ob die Standard-Dividendenabrechnung der Depotbank ausreicht (sie muss den Namen des Anlegers, die Aktie, die Stückzahl, die Daten und die Steuerdetails enthalten).
- Depotauszug: Manchmal wird ein Depotauszug zum Stichtag verlangt, um den Aktienbesitz nachzuweisen.
- Schritte im Detail:
- Formular V2A besorgen: Download von der Webseite der Revenue Commissioners (www.revenue.ie), oder direkt hier.
- Formular V2A ausfüllen: Persönliche Daten, Steuer-Identifikationsnummer (deutsche TIN).
- Finanzamtsbestätigung: Das Formular beim Wohnsitzfinanzamt einreichen und die Ansässigkeit bestätigen lassen (Stempel und Unterschrift). Dies kann einige Wochen dauern.
- Belege sammeln: Alle Dividendenabrechnungen für den Erstattungszeitraum (z.B. ein ganzes Jahr) zusammenstellen. Auf Vollständigkeit prüfen!
- Anschreiben verfassen (optional, aber empfohlen): Auf Englisch, kurz den Antrag erklären, die Gesamtsumme der beantragten Erstattung nennen und die beigefügten Dokumente auflisten. Bankverbindung (IBAN/BIC) für die Erstattung angeben.
- Alles zusammenstellen: Antrag (V2A), alle Belege (chronologisch sortiert), Anschreiben. Kopien für die eigenen Unterlagen machen!
- Versand: Per Post (Einschreiben empfohlen) an die angegebene Adresse ✉️📯:
DWT Unit Revenue Commissioners Government Offices Nenagh, Co. Tipperary E45 T611 Ireland
- Kontakt und Bearbeitung:
- Die angegebenen Kontaktdaten (Tel: +353 67 63105, E-Mail: infodwt@revenue.ie) sind für Rückfragen nützlich. Kommunikation nur auf Englisch.
- Die Bearbeitungszeit von 3-4 Monaten ist realistisch, kann aber auch länger dauern, insbesondere bei hohem Antragsaufkommen oder Rückfragen. Es ist ratsam, nach ca. 4 Monaten höflich per E-Mail nach dem Bearbeitungsstand zu fragen (unter Angabe der eigenen Daten).
5. Zinsen und andere Erträge
Während der Fokus oft auf Dividenden liegt, gilt für Zinsen (20% WHT) ein ähnliches Prinzip. Auch hier kann das DBA eine Reduzierung (oft auf 10% oder 0%, je nach Zinsart) vorsehen. Die Rückerstattung läuft über ähnliche Kanäle, erfordert aber möglicherweise andere Formulare oder Nachweise. Für Privatanleger ist dies jedoch seltener relevant, es sei denn, sie halten irische Anleihen direkt.
6. Deutsche Steuerperspektive
Selbst wenn die irische Steuer auf 0% reduziert oder erstattet wird, unterliegen die Dividenden natürlich der deutschen Abgeltungsteuer (plus Soli und ggf. Kirchensteuer).
- Fall 1 (Vorabbefreiung): Die deutsche Depotbank erhält die Bruttodividende und führt darauf die deutsche Steuer ab. Der Sparerpauschbetrag kann genutzt werden. Alles ist einfach.
- Fall 2 (Rückerstattung): Die Bank hat zunächst nur 75% der Dividende erhalten. Darauf wurde (oft) die deutsche Steuer abgeführt, wobei die irische Steuer (meist nur bis 15%) angerechnet wurde. Wenn nun die irische Steuer (25%) erstattet wird, muss dies in der deutschen Steuererklärung (Anlage KAP) berücksichtigt werden. Die Erstattung gilt als nachträglicher Kapitalertrag und muss versteuert werden. Gleichzeitig muss die ursprüngliche Anrechnung korrigiert werden. Dies kann komplex sein und erfordert genaue Belege – im Zweifel ist hier steuerlicher Rat sinnvoll.
Informationen zur Anrechnung ausländischer Steuern bietet auch das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt).
7. Fazit: Lohnt sich der Aufwand?
Der ursprüngliche Artikel hat Recht: Quellensteuer ist ein lästiges Relikt. Doch die Möglichkeit, die irische Steuer auf 0% zu drücken, ist ein enormer Vorteil und steigert die Nettorendite signifikant.
- Der Idealfall: Man wählt eine Depotbank, die die Vorabbefreiung anbietet. Dann ist der Ertrag „passiv“ im besten Sinne.
- Der manuelle Weg: Er erfordert Disziplin, Geduld und Sorgfalt. Ob sich der Aufwand lohnt, hängt von der Höhe der Dividenden ab. Bei wenigen hundert Euro Dividende pro Jahr mag der Aufwand (inkl. Portokosten und ggf. Gebühren für Belege) den Ertrag schmälern. Bei höheren Beträgen ist die Rückerstattung jedoch fast Pflicht.
Die irische Regelung zeigt, wie vorteilhaft EU-Mitgliedschaft und funktionierende DBAs sein können. Anstatt sich über Steuerparadiese mit Piraterierisiko Gedanken zu machen, können Anleger mit etwas Know-how und dem richtigen Vorgehen direkt vor der Haustür (innerhalb der EU) ihre Rendite optimieren. Der Topf voll Gold am Ende des Regenbogens muss nicht dem Kobold gehören – ein Teil davon kann, ganz legal, dem informierten Anleger zufallen. Man muss nur wissen, wie.